• Willkommen im Forum „Greifenklaue - Webforum +1“.
 

Neuigkeiten:

Aufgrund verschiedenster, regulären Spamregistrierungen auf unser Forum habe ich mich entschlossen, die Registrierung komplett zu deaktivieren.

Gerne erstelle ich euch aber einen entsprechenden Account manuell wenn ihr Kontakt mit mir über die Emailadresse in der Fußzeile des Forums (im Jargon "Footer") eine entsprechende Mail mit Screenname Wunsch schreibt.

Hauptmenü

[LESEN] John Carter of Mars

Begonnen von Zornhau, 21. März 2012, 13:32:54

« vorheriges - nächstes »

Zornhau

Zitat von: fnord am 21. März 2012, 08:14:44
Ich fand Haggard (Quatermain), Howard in langen Geschichten, Lovecraft und andere Autoren dieser Zeiten immer etwas sperrig zu lesen. Zornhau lobt Burroughs John Carter ja sehr. Ist seine Schreibe den in heutigen Lesart auch noch gut?
Was heißt "gut"?

Natürlich ist der Text 100 Jahre alt (Princess of Mars zumindest). Und ebenso wie die 20 Jahr jüngeren Conan-Texte ist auch das Barsoom-Romanwerk sprachlich ANDERS als man heute schreiben würde.

Auffällig ist, daß sowohl vom Wortschatz her als auch von der Schwerpunktsetzung dessen, was in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Leser gerückt wird, in den Barsoom-Romanen die heutige "Flachheit" und die von heutigen Autoren so gerne übernommenen Fernsehserien- und Kino-Versatzstücke NICHT vorkommen.

Man vergleiche mal, wie Jim Butcher z.B. in seiner Codex Alera Romanreihe Kampfszenen oder emotional geladene soziale Szenen schildert. Da merkt man deutlich, daß Butcher mit Fernseh-Versatzstücken (Soap-igkeit) aufgewachsen ist und seine sprachlichen Bilder aus dem Action-Kino entlehnt.

Das ist bei Burroughs anders. Daher "verstößt" er oft gegen heutige, kino- und fernsehen-geprägte "Erwartungen" der Leser, gerade was die Schwerpunktsetzung anbetrifft. - So schildert er furiose Kampfszenen oft in einer Knappheit und Konsequenzenhärte, wie man sie bei heutigen Autoren nur selten findet. Heute, so mein Eindruck, würden solche Szenen Seite um Seite ausgewalzt werden, während Burroughs immense Luftschlachten mit einer MILLION (!) Beteiligter in ihrer bedrückenden Brutalität so schildert, daß man sich nach einem wenige Seiten langen Abschnitt erst einmal eine Pause zum Atemholen gönnen muß. Und als Leser wundert man sich, daß es tatsächlich nur so wenige Seiten waren, die einem so wüste Schlachtengemälde ins "Kopfkino" gebracht haben.

Burroughs Stil ist es nicht alles wie einen Kaugummi so lange auszukauen, bis keinerlei Aroma mehr drin ist. Das ist bei moderneren Autoren üblicher, habe ich den Eindruck. Meine Taschenbuchausgaben der Barsoom-Romane haben im Schnitt 150 Seiten Umfang. Das ist nicht gerade viel, verglichen mit den "Briketts" von oft knapp 1000 Seiten, die moderne Autoren einem auf den Tisch knallen.

Aber Burroughs bietet sprachgewaltige, DICHTE Schilderung, bei der kein überflüssiges Wort, kein Seitenschinden, keine ablenkenden Sackgassen, Irrwege und andere "Füller" vorkommen. Und er schafft es mit einer Sprache, die einerseits tatsächlich dem heutige angloamerikanische Autoren gewohnten (fremdsprachlichen) Leser etwas "sperrig" vorkommen muß, weil sie einfach einen viel breiteren Wortschatz erfordert, eine so FREMDARTIGE Welt von solcher URGEWALT zum Leben zu erwecken, daß man als Leser förmlich gefesselt ist.

Burroughs ist aber kein Vance. Seine Sprache ist nicht die schnörkelig-psychedellische Blumigkeit, die man von Dying Earth kennt. Und er ist kein Howard, der eigentlich immer nur Western schrieb - manchmal in Fantasy-Gewand - und dessen Frauendarstellung etwas ... seltsam war. Burroughs bietet, gerade für seine Zeit, eine enorme Freizügigkeit, wie man sie HEUTE bei den durch evangelikale Heuchelprediger in allen Bereichen der US-Öffentlichkeit nicht mehr kennt. Seine Helden und Heldinnen sind zunächst einmal NACKT. Und zwar nicht in einer heutigen "alles porno" Art, sondern in der Nacktheit des WILDEN, des Ungezähmten. Die Frauenfiguren sind alles andere als "zu rettende Püppchen" (wobei Dejah Thoris wirklich ständig entführt und bedroht wird). Die Einstellung zu Religion ist sehr modern, ja für das heutige Amerika fast zu ZU modern.

Und in den Schilderungen kommt immer wieder die persönliche Integrität der Helden, das Einstehen für eigene Werte auch gegen noch so bedrückende, aussichtslos erscheinende Widerstände als roter Faden auf. - Anders als bei Howard, wo der Held letztlich immer der "einsame Gunslinger", der "Drifter" ist, selbst bei King Kull, ist bei Burroughs der Held jemand, der ANDEREN Respekt zollt und sie dadurch für sich einnimmt. Er stellt seine Moral nicht über die kulturellen Gegebenheiten seiner Umgebung, sondern er LEBT sie! Und dadurch ÄNDERT er alles, was mit ihm in Berührung kommt.

Daß mit solchen beeindruckenden Tugenden ausgestattete Helden heutzutage, in einer Zeit, wo moderne Autoren gerne nur noch "coole Arschlöcher" als ihre Hauptfiguren-Pappkameraden verwenden, einem modernen Leser ungewöhnlich erscheinen, ist schon fast zu erwarten. - John Carter ist jemand, der mit seinem Respekt, seiner Loyalität, seiner Freundschaft, seiner Liebe, seiner Treue die so pragmatischen, in ihren Ritualen festgefahrenen Marsianer durch und durch aufrüttelt und emotional überwältigt. Er ist kein Weichei, nicht zimperlich, kein Gutmensch, sondern einfach EHRLICH. Jemand, der sich kümmert, der für seine Freunde, seine Überzeugung, seine Liebe einsteht und nicht aufgibt.

Howards Hauptfiguren kommen und gehen aus ihren abenteuerlichen Situationen meist "unberührt". Sie werden vom Erlebten nicht geändert, sie verfolgen aber mit ihrem Handeln auch kein größeres Ziel. Und: Selbst in Herrscherpositionen übernehmen sie NIE WIRKLICH die Verantwortung für andere, für etwas Größeres als sie selbst. - Das ist bei John Carter anders. Er ist ein KONSTRUKTIVER Held (trotz all der Kriege und der wirklich haarsträubend vielen Toten, die bei seinen Abenteuern auf der Strecke bleiben). John Carter baut auf - und zwar nach SEINEM Bild. Er kommt in eine völlig stagnierende, dem Untergang geweihte Welt und bringt HOFFNUNG.

Daß so etwas heutzutage, wo auch der übliche Fantasy-Leser nur an "voll krass coolen" Helden interessiert ist, die sich in seitenlangen Action-Nichtigkeiten oder lahmem Soap-Geblubber ergehen, nicht der modernen "Hausmannskost" entspricht, wundert natürlich nicht.

Barsoom ist eine ungezähmte, ungezügelte, wilde, fremdartige Welt, die wir - in den meisten Romanen - mit den Augen eines Erdenmenschen entdecken. Und abseits von allen Heldenfiguren ist die eigentliche Hauptfigur der Romane BARSOOM SELBST.

Klar, man muß die Burroughs-Romane nicht lesen. Aber dann verpaßt man was. - Entscheidet Euch. Und lebt damit.

Argamae

...Wow.
Nach solch einem Plädoyer ist sich die Jury einig: NICHT SCHULDIG! Und dabei waren Sie nur als Zeuge aufgerufen, Herr Zornhau! ;)

Ich denke, jetzt muss ich gleich mal schauen, wo ich die Romane von Burroughs her bekomme.  :)
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

Besserwisserboy

 Er ist ein klassischer Sword & Planet/Planetary Romance-Film, wie es leider heutzutage viel zu wenige gibt und es gerne viel mehr geben dürfte.

Wovon es meines Wissens nach genau noch zwei weitere Filme gibt: Gor Teil 1&2. Dürfte wohl ein sehr kleines Genre sein...

Ich habe den Film mittlerweile auch gesehen. Er unterscheidet sich jetzt aber auch nicht so sonderlich von anderen Popcorn-Blockbustern, daß ich ihn als besonders schlecht einstufen würde. Die "Zutaten" sind denen von Fluch der Karibik (zumindest den letzten Teilen) gar nicht so unähnlich, um bei Disney zu bleiben. Sehr viele Effekte, übermäßig aufgesetzte Kämpfe, einige Lacher und alles irgendwie zu übertrieben. Nur fehlt hier halt ein Kasssenmagnet, wie Johnny Depp.

Womit der Film an sich beworben wurde dürfte auch egal sein, da sehr vielen potentiellen Kinobesuchern die Romanvorlage nichts sagen dürfte.
Schade, daß es ein Flop war, damit wird sich Hollywood in nächster Zeit wohl nicht mehr die Finger an bisher unverfilmten werken die finger verbrennen und nur noch Remakes, Fortsetzungen und Prequells drehen...


Ich bin nur durch einen Tippfehler hier, eigentlich wollte ich aufs Reifenklauen-Forum...
Wer hat meinem Goldfisch das Töten beigebracht???

fnord

Zitat von: Zornhau am 21. März 2012, 13:32:54
Klar, man muß die Burroughs-Romane nicht lesen. Aber dann verpaßt man was. - Entscheidet Euch. Und lebt damit.

Ja, wow!

Ich habe mich vor kurzem durch die Original Frankenstein und Phantom der Oper gearbeitet. Das war sehr sperrig und schwülstig.
Deshalb habe ich gefragt. Wenn B. Schreibeden so ist wie Du sie preist, dann werde ich mir die Bücher mal ziehen. Die Hohlweltreihe würde ich mir dann auch mal gönnen.
..... und wieder nur ein Gehirn für alle!
Darin liegt Romeros subversives Genie, dem Publikum zu geben, wonach es sich sehnt – und dann noch eine Menge Zeug dazu, was man nie haben wollte.

Galiban Uthmatar

Auch WOW!
Kann mich Argamae nur anschließen!
Genial und fesseld geschrieben Dein Plädoyer!

So, jetzt gleich mal E-Bay und Amazon durchsuchen...

CU
Ich hab keine schlechte Laune. Steine vom Balkon werfen entspannt mich halt einfach.

Manchmal, wenn mir langweilig ist, gehe ich zu IKEA, setze mich in einen Schrank und sobald jemand die Tür öffnet, rufe ich: "Willkommen in Narnia!"

Galiban Uthmatar

Ich hab keine schlechte Laune. Steine vom Balkon werfen entspannt mich halt einfach.

Manchmal, wenn mir langweilig ist, gehe ich zu IKEA, setze mich in einen Schrank und sobald jemand die Tür öffnet, rufe ich: "Willkommen in Narnia!"

Greifenklaue

#6
Also, die (dünnen) Bücher bei eBay, auf die ich mitgeboten habe, gingen ab 15 los, allerdings scheint gerade der erste Teil nochmal deutlich teurer. Wohl dem, der auf englisch liest ...

Würde es ne Neuauflage geben, würde ich es ja glatt zum Lesezirkel vorschlagen ...

Teil 1-4 liegen z.B. bei 100 Euro momentan, wohlgemerkt hochgeboten!
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Argamae

Zitat von: Greifenklaue am 22. März 2012, 09:33:52
Also, die (dünnen) Bücher bei eBay, auf die ich mitgeboten habe, gingen ab 15 los, allerdings scheint gerade der erste Teil nochmal deutlich teurer. Wohl dem, der auf englisch liest ...

Ja, die würde ich auch nur auf Englisch lesen wollen. Was für mich im Übrigen für die meisten der Romane aus dieser Epoche gilt. Die Originalsprache ist eben die Muttersprache der Autoren und dadurch um einiges schöner, wuchtiger, nuancenreicher oder klangvoller.

Die genannten Preise sind ja Irrsinn.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

Greifenklaue

Ehrlich gesagt bin ich immer noch interessiert ...

Lieber ne Unsumme für nen gebrauchten Roman als noch ne Labberschwarte für 2,95 als Mängelexemplar ...  :D
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Bangrim

Ein Blick auf ebay.co.uk ist da schonmal vielversprechend. Pro Roman liegt man bei ca. 8 bis 15€ + Versand (nochmal 2-3€)
Koona t'chuta, Solo?

Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.

Bangrim

#10
Zitat von: Bangrim am 22. März 2012, 12:24:59
Ein Blick auf ebay.co.uk ist da schonmal vielversprechend. Pro Roman liegt man bei ca. 8 bis 15€ + Versand (nochmal 2-3€)

Kommando zurück:

http://www.amazon.co.uk/Collected-John-Carter-Mars-Volume/dp/1423154266/ref=pd_bxgy_b_img_c 10 Pfund für die ersten 4 Bände
http://www.amazon.co.uk/Collected-John-Carter-Mars-Volume/dp/1423163834/ref=pd_bxgy_b_text_b 10 Pfund für die nächsten
http://www.amazon.co.uk/Collected-John-Carter-Volume-Three/dp/1423165594/ref=pd_bxgy_b_text_c 10 Pfund für die letzten

Knapp 40€ für alle Bände + 6€ Versand. Sammelbestellung?
Koona t'chuta, Solo?

Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.

Greifenklaue

Hmm, wenn es mehrere Leute interessiert, könnte man ne Lesezirkel-Aktion ähnlich Perry Rhodan machen.

Ich könnte mir auch vorstellen die deutsche Ausgabe sammelzukaufen (also einmal) und diese dann zu zirkulieren und hinterher wieder zu verkaufen ... Oder so!

Achso, der Split vom Kinothread John Carter of Mars stammt von hier
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Argamae

Ich bin sehr versucht. Sehr. Aber ich muss meine Kröten erstmal etwas zusammen halten, bis Umzug und Einrichtung im neuen Domizil abgeschlossen sind. Eventuell stosse ich später dazu oder lese eben dann für mich zu einem anderen Zeitpunkt.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

fnord

Ich finde GK kauft sich die für teuer Geld und leiht sie uns dann  ;)

Besitz wird eh überschätzt
..... und wieder nur ein Gehirn für alle!
Darin liegt Romeros subversives Genie, dem Publikum zu geben, wonach es sich sehnt – und dann noch eine Menge Zeug dazu, was man nie haben wollte.

Greifenklaue

Zitat von: fnord am 22. März 2012, 15:52:03
Ich finde GK kauft sich die für teuer Geld und leiht sie uns dann  ;)

Besitz wird eh überschätzt
So in etwa... Wenn der erste Band 50 euro kostet, sich 5 Leute finden, zahlt jeder 10 und danach wird er gelesen und meistbietend versteigert ...
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Impressum: Dieses Forum wird betrieben von Linuxandlanguages.com, Inh. Maik Wagner / Seigerhüttenweg 52 / 38855 Wernigerode

 Kontakt unter admin [at] greifenklaue [punkt] de

 Datenschutzerklärung