• Willkommen im Forum „Greifenklaue - Webforum +1“.
 

Neuigkeiten:

Aufgrund verschiedenster, regulären Spamregistrierungen auf unser Forum habe ich mich entschlossen, die Registrierung komplett zu deaktivieren.

Gerne erstelle ich euch aber einen entsprechenden Account manuell wenn ihr Kontakt mit mir über die Emailadresse in der Fußzeile des Forums (im Jargon "Footer") eine entsprechende Mail mit Screenname Wunsch schreibt.

Hauptmenü

Abnutzungserscheinungen beim Rollenspiel

Begonnen von fnord, 20. September 2011, 08:17:38

« vorheriges - nächstes »

fnord

Oliver der Entsafter schrieb im Cthulhu-Forum :
ZitatMomentan spiele ich Cthulhu als Spielleiter bei drei Gruppen (zwei sehr regelmäßig und eine immer mal wieder).
Bei der Gruppe, mit der ich schon sehr lange Cthulhu spiele und die auch bereits einige Kampagnen durchlebt hat (z.B. Inseln, Orient Express, Nocturnum), bemerke ich mittlerweile so etwas wie Abnutzungserscheinungen. Wenn ich ein abstoßendes Monster beschreibe, kommt nicht mehr wie früher angewidertes Kreischen, sondern es gehen eher alle in Gefechtsposition. Wenn die Gruppe eine imposante Stadt außerirdischer Wesen entdeckt (Nocturnum), gehen die Augen nicht mehr begeistert auf, sondern es wird eher zur Kenntnis genommen.
Bitte versteht mich nicht falsch, der Gruppe macht Cthulhu immer noch extrem viel Spaß, ich beobachte jedoch immer mehr, dass nicht mehr diese Emotionen auf wie früher kommen.

Deshalb meine Frage, vor allem an Euch langjährige Cthulhu-Spielleiter: Gibt es bei Euch sowas wie Abnutzungserscheinungen bei langjährigen Gruppen.

Ich finde dass ein interessantes Problem und würde das gerne mal mit Leuten "besprechen", die ich kenne anstatt mit den Unbekannten im Netz. Oliver hat viele Tipps bekommen, aber bei mir kam eher die Frage auf: Ist das nicht normal, Abnutzungserscheinungen? kann ich nach 20-30 Jahren, aber auch nach drei ähnlichen Abenteuern noch erwarten, dass mich dass so kickt, wie beim ersten Mal?

Und wie kann ich es schaffen, als SL immer wieder neu zu fazinieren?
..... und wieder nur ein Gehirn für alle!
Darin liegt Romeros subversives Genie, dem Publikum zu geben, wonach es sich sehnt – und dann noch eine Menge Zeug dazu, was man nie haben wollte.

Greifenklaue

Abwechslung heißt das Zauberwort!

Andere Regeln, anderes Setting, andere Leute sind mögliche Parameter.

"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

KULTist

Grade bei Call of Cthulhu besteht ja mit seiner gefürchteten Matrix und den zwar immer wieder anderen, aber eben oft doch mit den selben Attributen versehenen (Ermittlungen, Kultistenverschwörungen, Wesen in Lovecrafts Stil, also am besten obzön, blasphmisch, nichteuklidisch, schleimig, wabernd usw usw) Opponenten in meinen Augen sehr leicht eine gewisse Abnutzungsgefahr, da selbst klassisches D&D neben Dungeoncrawl ja eben auch Detektivabenteuer und eben fast die ganze Bandbreite an Sachen hat, die für viele wesentlich selbstverständlicher sind, als eben bei CoC.

Klaue hat es da meiner Meinung nach sehr gut auf den Punkt gebracht.

Abwechslung!

Und selbst mit CoC kann man eine ganze Menge neuer Sichtweisen bringen.
Einfach mal ein Dungeon-Abenteuer leiten...
Eine Runde Hexer von Salem ist auch schon was anderes oder man bedient sich an anderen Systemen und überträgt sie auf CoC.
Mal eine Runde als Ghule, Tiefe Wesen oder Mi-Go's ala Vampire Die Maskerade spielen.
Den Großen Alten und die Verschwörung am Ende als Trick ala 3 Fragezeichen ??? herausstellen.
Eine Überraschung ala The Matrix oder 6. Sense ist da zwar das genaue Gegenteil, kann aber auch für echt überraschte Gesichter sorgen!
Oder ein Reißverschluss am Monster... ;)

Naja, wie gesagt, eben Abwechslung!
E = mc² + 1w6
Ein Herz für Henchmen!
D&D 5e > DSA
Vampire Die Maskerade > Call of Cthulhu
Shadowrun > Cyberpunk

Greifenklaue

Einige CoC-Runden legen ja zur Abwechslung in selber Konstellation ein Private Eye-Abenteuer ein, wo die Ermittler eben wirklich mal Ermittler sind. Das kann ne nette Abwechslung sein.

Ansonsten schneidet der aktuelle System matters-Podcast, eigentlich zum Thema Spannung, das Thema auch am Rand an. Das, was man früher gemacht hat in Anfangstagen, meinethalben der Schwertkauf mit ausführlicher Rabattierungsverhandlung. Das ist natürlich auch Abnutzung. Auch interessant ist folgende Aussage: Wenn es Spannung geben soll, muss es auch Entspannung geben.

Auf Deine Frage bezogen, zwischen den drei ähnlichen Kampasgnen gehört was ordentlich anderes.
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Argamae

Grundsätzlich: ja, Abnutzungserscheinungen sind normal. Diese liegen aber, wie es meine Vorposter sicher auch meinten, meist im Genre, System oder den Abenteuern begründet. Das aber das Hobby selbst keine nennenswerten Abnutzungserscheinungen hat, sehe ich ja an mir selbst am besten: knapp 30 Jahre begleitet es mich schon und ich habe bislang nie (ernsthaft) daran gedacht, aufzuhören.

Speziell: das Cthulhu diese von KULTist angesprochene "Matrix" besitzt, bleibt schwierig zu widerlegen, ist aber den Abenteuerautoren anzukreiden. Call of Cthulhu per se ist nicht mehr oder weniger abnutzungsgefährdet als andere Horror-Rollenspiele auch. Lovecraft's Geschichten und ihr besonderes Flair sind imho nicht in Rollenspielabenteuern unterzubringen. Der Versuch führte einzig und allein zu gewissen "blueprints" - schablonenhaften Umrissen, denen sehr viele Abenteuer folgen. Dabei zeigen z.B. gerade Abenteuer für den Ableger "Delta Green", daß man Mythos-Einflüsse auch mal anders umsetzen und einbauen kann als immer nur "alte Artefakte, fanatische Kultisten, große Beschwörung, schleimiger Endkampf". Das sich die Charaktere in-game und Spieler out-game irgendwann - nach dem, was ihnen gerade welterschütternde Kampagnen wie z.B. "Orient Express" aufbürden - kaum noch vor einer Leiche, einem Zombie oder auch einem tiefen Wesen fürchten KÖNNEN, liegt für mich auf der Hand.
Lösungen haben KULTist und Greifenklaue schon aufgezeigt.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

fnord

Ich zitiere mich mal selber:
ZitatIch glaube, dass es gar nicht anders geht, nach dieser Zeitspanne nicht mehr maximale Emotionen zu erzeugen.

Eine Regel in Hollywoodfilmen ist doch, dass der zweite Teil besser sein muss als der Erste. Er muss mehr Informationen über das Monster oder die Protagonisten bringen. Sonst glaubt jeder er sei schlecht.
Entweder muss eine Steigerung oder eine Änderung her. Sonst ist es eine Wiederholung...

Gerne kann mal ein Fokuswechsel her.

Um solche Reaktionen zu erzeugen müsste ich ja jedesmal an Intensität zulegen und die Brutalität und den Horror steigern. Man muss ja jedesmal eine Grenze übertreten, und dass will ich irgendwann nicht mehr.

Dominic Wäsch schreibt, dass es 36 verschiedene Spielsituationen gibt, irgendein Amerikaner schrieb von 30 Plots, die es gibt. Ich habe noch lange nicht alle gespielt. Ich empfehle da, wie oben mehrfach erwähnt, den Fokus oder die Abenteuerart zu ändern.

Abwechslung ist sicherlich der Dreh- und Angelpunkt:
Bei der Sehr klasisschen Nocturum Kampagnie lagen die Highlights bei meiner Gruppe auch eher Neben der Haupthandlung:

Die Highlights der Nocturnum-Kampagnie meiner Gruppe waren
-das erste Auftauchen der Kage-Urform, nur beim erstenmal,
-die mediale Verleumdungskampagnie von Temco gegen den Uniprofessor, wegen sexueller Belästigung,
-ein Feuergefecht auf kleinstem Raum,
- das Besiegen eines übermächtigen Gegners,
- das eine vom Spielern geführter Ersatzcharakter sich als Monster entpuppte, ohne das der Speieler es wusste.
- eine Verfolgungsjagd auf einem fahrenden Zug.
- Auffinden von Opfern und ihrer Verwendung
- ein Labyrinth

In der einjährig, wöchentlichen Nocturnum-Kampagnie habe ich sie sicherlich in Stress gebracht, aber "gekreischt" hat bei mir lange keiner mehr.
Allerdings habe ich auch nicht die Erwartung, dass das noch geht.
..... und wieder nur ein Gehirn für alle!
Darin liegt Romeros subversives Genie, dem Publikum zu geben, wonach es sich sehnt – und dann noch eine Menge Zeug dazu, was man nie haben wollte.

Greifenklaue

Ob man bei Horror Angst empfinden / Kreischen  oder sich erschrecken sollte (als Spieler!) ist sowieso eine Glaubensfrage!

Ich denke nicht, dass dies der Fall sein sollte. ein wohliges Gruseln, klar, aber ansonsten spiele ich eine Spielfigur, die Angst empfindet (die ich darstelle, aber nicht empfinde - in dem Fall passt ausnahmsweise mal die Analogie zum Schauspieler, der beim Spielen seiner Rolle im Horrorfilm keine Angst empfindet ...), während ich in der warmen Stube sitze.

Es gibt Spielleiter, die diese Mauer durchbrechen wollen, in der harmlosen Variante via Hauen auf den Tisch, in der kritischen Variante durch einen gefakten, ähh, Selbstmord (Schnitt in den Arm, Kunstblut, so gehört im Klönschnack 2010. Sogar live dabei gewesen ...).

Also, kurzum, dass ist für mich ein anderes Thema, sicherlich auch einen thread wert - in etwa: Wie weit darf Horror gehen ???


Eine andere Idee der Abnutzungserscheinungen zu entgehen, ist die Beschäftigung mit der Rollenspieltheorie. Klingt erstmal dröge, mir persönlich hat es doch sehr geholfen. Es hilft nämlich zu erkennen, was man selbst vom rollenspil erwartet, was andere vom Rollenspil erwarten könnten und wie ich das am besten erreiche. Welche Systeme und welche Techniken meinen Spielstil stützen. Was ich nochmal probieren muss.

"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

KULTist

Zitat von: Greifenklaue am 21. September 2011, 23:53:44
Ob man bei Horror Angst empfinden / Kreischen  oder sich erschrecken sollte (als Spieler!) ist sowieso eine Glaubensfrage!

Ich denke nicht, dass dies der Fall sein sollte. ein wohliges Gruseln, klar, aber ansonsten spiele ich eine Spielfigur, die Angst empfindet (die ich darstelle, aber nicht empfinde - in dem Fall passt ausnahmsweise mal die Analogie zum Schauspieler, der beim Spielen seiner Rolle im Horrorfilm keine Angst empfindet ...), während ich in der warmen Stube sitze.

Hm, mal abgesehen davon, das die Angst der Spieler damals ein Novum und Qualitätsmerkmal von CoC war und Immersion wohl in den meisten Fällen ein befriedigerendes Erlebnis verschafft, als bloße Beobachtung (wenn ich einen Horrorfilm sehe/ein Buch lese, finde ich es wesentlich besser, mich selber zu gruseln oder zu erschrecken, als nur den dargestellten Figuren dabei zuzusehen, wie sie sich fürchten. Das macht für mich meist den Unterschied zwischen Gut und Schlecht aus! Allerdings kann ich auch Leute verstehen, die eben weniger auf Erschrecken, sondern eine gleichmäßig aufrecht erhaltene Spannung stehen... das ist dann wirklich eine Geschmacksfrage, aber Gruseln möchte man sich ja eigentlich in beiden Fällen!), ist es aber wohl eben auch ein Problem, das es anscheinend die Figuren in dem genannten Problem eben auch keine Angst mehr haben:

ZitatWenn ich ein abstoßendes Monster beschreibe, kommt nicht mehr wie früher angewidertes Kreischen, sondern es gehen eher alle in Gefechtsposition. Wenn die Gruppe eine imposante Stadt außerirdischer Wesen entdeckt (Nocturnum), gehen die Augen nicht mehr begeistert auf, sondern es wird eher zur Kenntnis genommen.

Da ich nicht davon ausgehe, das die Spieler in Gefechtsposition gehen und ihre Waffen zücken, gehe ich mal von ihren Figuren aus und da ist es auch immer eine Frage, wie das Konzept (ein unerfahrener, wohlbehüteter Mensch dürfte mehr Probleme haben als der abgestumpfter Kriegsveteran) und wie erfahren der Charakter ist und wie sehr sich der Spieler darauf einlässt, seine Figur Angst haben lassen zu wollen.

Das kann man aber außerhalb des Inplays in der Runde ansprechen!


E = mc² + 1w6
Ein Herz für Henchmen!
D&D 5e > DSA
Vampire Die Maskerade > Call of Cthulhu
Shadowrun > Cyberpunk

Zy-Nist

Es wurde eigentlich schon alles gesagt,

ein Gespräch mit den Spielern ist sicherlich immer hilfreich aber Abwechselung ist eigentlich das Mittel der Wahl gegen "Abnutzung".

Also mal was anderes spielen was NICHT jeder kennt und schon ist der "sense of wonder" wieder da
Ich habe schon Probleme mit WELT 1.0 !
Was zum Geier soll ich dann mit WEB 2.0 ?

Das System und du:
1.) Das System gewinnt immer !
2.) Sollte das System irgendwann mal verlieren, bricht es zusammen !
3.) Bricht das System zusammen, dann hast du ganz andere Probleme als irgendein System !

fnord

Wir spielen seit Jahren eine High-Fantasy-Runde mit Low-Fantasyfiguren. Eigene Welt der SL also gibt es keine Regelwerke, die man lesen kann.
Und in der letzten Runde gab eine Begegnung mit einem Dämonen, der bei jeder Verletzung in sich aufgesogen wurde.
Das war sehr neu für mich und hat mich total begeistert. Es ist eigentlich nur ein Detail, aberes hat die ganze Sitzung für mich total aufgewertet.
..... und wieder nur ein Gehirn für alle!
Darin liegt Romeros subversives Genie, dem Publikum zu geben, wonach es sich sehnt – und dann noch eine Menge Zeug dazu, was man nie haben wollte.

Impressum: Dieses Forum wird betrieben von Linuxandlanguages.com, Inh. Maik Wagner / Seigerhüttenweg 52 / 38855 Wernigerode

 Kontakt unter admin [at] greifenklaue [punkt] de

 Datenschutzerklärung