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Old-school & Retro-Clone: die perfekte Welle?

Begonnen von Argamae, 13. April 2011, 12:32:15

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Argamae

Nachdem die (vermutlich) gröbste Welle von Old-school-Renaissancen und Retro-Clonen über uns hinweg geschwappt ist, wäre imho nach Sichtung und Testung vieler dieser Spielsysteme mal eine Zwischenbilanz und kritische Betrachtung dienlich. Natürlich stehen noch ein paar Hochkaräter (für mich persönlich hier am wichtigsten: das Dungeon Crawl Classics RPG) vor der Veröffentlichung, aber was läßt sich über das bisher Veröffentlichte sagen? Wo liegen die Schwerpunkte?

Welchen Einfluß hatte diese "Welle" bislang auf die Szene? Berührte sie auch die notorisch nicht-old-school-spielende (bzw. die sich nicht dafür haltende) Fraktion? Was lernen wir (immer noch) aus der archaischen Formel von Rollenspielen zu Zeiten von Schlaghosen und Mittelscheiteln? Warum macht Minimalismus Spaß? Denn Spaß muß es doch machen, sonst würden wir doch gar nicht darüber schreiben, richtig? Oder darf's etwas mehr sein, weil es eben nicht satt macht?

Diese Fragen gebe ich mal in die Diskussion.  :)
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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ClemLOR

Hallo.

Mh ... Obwohl meine Rollenspielaktivitäten ja merklich rückläufig sind und ich zugegebenermaßen nicht besonders viel Old-School oder Retro-Klon Erlebnisse hatte, taste ich mich mal, zumeist wohl spekulativ und thesenartig, durch die Fragen durch ...

Zitat von: Argamae am 13. April 2011, 12:32:15
Nachdem die (vermutlich) gröbste Welle von Old-school-Renaissancen und Retro-Clonen über uns hinweg geschwappt ist, wäre imho nach Sichtung und Testung vieler dieser Spielsysteme mal eine Zwischenbilanz und kritische Betrachtung dienlich. Natürlich stehen noch ein paar Hochkaräter (für mich persönlich hier am wichtigsten: das Dungeon Crawl Classics RPG) vor der Veröffentlichung, aber was läßt sich über das bisher Veröffentlichte sagen? Wo liegen die Schwerpunkte?

Ich will nicht behaupten, dass ich besonders neugierig bin oder dass mich das auch interessiert; aber allein, dass Du diese Frage stellst, kitzelt "irgendwo" in meinem Kopf. Schade, dass sich bis jetzt noch niemand geäußert hat ...
These: Schwerpunkt liegt auf D&D-Cloning - irgendwie, irgendwo ... In der Regel, wenn ich auf Old-School stoße, handelt es sich um ein Fantasy-Spiel, dass nicht wenige Parallelen insbesondere zu klassischen D&D oder AD&D Elementen beinhaltet. Einschränkend: Ich lese so viel nicht; insofern kann meine Wahrnehmung sehr limitiert sein; für das bisschen ist es aber augenscheinlich, wie zutreffend diese Beobachtung ist. Denn Retro/ Old-School auf Cyberpunkt, SciFi, Endzeit oder was auch immer habe so bewusst nicht erlebt ...

Zitat von: Argamae am 13. April 2011, 12:32:15
Welchen Einfluß hatte diese "Welle" bislang auf die Szene? Berührte sie auch die notorisch nicht-old-school-spielende (bzw. die sich nicht dafür haltende) Fraktion?

These: Ich schätze, der Einfluss ist marginal. Irgendwie faselt doch jede/r nur von Pfadfindern, Savage Worlds oder nWOD ... Mein Eindruck. Die Szene um Old-School und Retro dürfte gefestigt und klein sein ...

Zitat von: Argamae am 13. April 2011, 12:32:15Was lernen wir (immer noch) aus der archaischen Formel von Rollenspielen zu Zeiten von Schlaghosen und Mittelscheiteln?

These: Dass sich im Grunde nichts geändert hat - Ausdruck von Charakteren in Werten und Formen, Regeln zur Simulation und Problemlösung, Spiel und Spaß ausgelöst in Köpfen ...

Zitat von: Argamae am 13. April 2011, 12:32:15Warum macht Minimalismus Spaß? Denn Spaß muß es doch machen, sonst würden wir doch gar nicht darüber schreiben, richtig? Oder darf's etwas mehr sein, weil es eben nicht satt macht?

These: Minimalismus im Old-School? Unterschiedliche Regeln für unterschiedliche Sachverhalte würde ich als das Gegenteil von Minimalismus betrachten; die angebliche Stärke vieler moderner Spiele ist doch, dass sich vieles um eine feste Regelmechanik bewegt: identische Probe plus oder minus Modifikatoren gegen Mindestwert X (1W20 +/- x; Würfel Anzahl Stufe gegen Mindestwert und Erfolge zählen ...)

Weniger konkret auf die Fragen abstellend:

Labyrinth Lord habe ich vor eineinhalb Jahren mit übersetzt; und es war eine helle Freude, etwas "irgendwie" Vertrautes in Händen zu halten, welches in sich schlüssig und überzeugend gewesen ist; mein Einstieg in Hackmaster 4E war eine Gotteserfahrung und hat sofort meine ersten fast 10 Jahre Rollenspielerfahrung revitalisiert; als wir jüngst Lamentations spielten, fühlte ich mich einfach nur wohl. Im Grunde verbinde ich mit diesen alten, "verstaubten" Konzepten also vor allem eines: Wehmut und Freude für eine alte Liebe, die einfach nicht rosten will.
Etwas vergeistigt: Aber eigentlich ist neben diesem sentimentalen Effekt alles egal - denn der Spielspaß entsteht ja nicht allein durch das Spiel. Die system-immanenten Herausforderungen, also das bewusste Anspielen von besonderen Spielregeln, sehe ich gerade im Old-School-Bereich nicht - ohne Begründung; vermutlich aber, weil ich diese Art "spieltechnischer" Lösungen als logisch und sinnvoll verstehe ...

My 2c ... Viel Spaß beim Würgen, Spotten und Hassen!

ClemLOR

Argamae

#2
Also, ein Aspekt, den ich festgestellt habe, ist folgender: Old-school und Retro-Clone behandeln und erklären das Rollenspiel als das, was es ist - ein SPIEL. Sie liefern klarere Strukturen, wie dieses Spiel zu nutzen und zu verstehen ist. Im Gegensatz zu vielen neueren/heutigen Rollenspielen, die oftmals schwammig und ambivalent sind, was den Stellenwert ihrer eigenen Regeln angeht, haben old-school-Systeme in fast allen Fällen eine klare Linie. Sie geben Spielern und Spielleiter einfach die Werkzeuge an die Hand (inkl. einer Erklärung, wie man diese benutzt) und schwallern ihn nicht zu mit geschwurbelten, adjektivreichen Kulissen-Texten und den oftmals schon fast übermächtig eingesetzten - und gleichsam undefinierten - Begriffen "Stimmung" und "Atmosphäre". Dazu kommen noch die meist ausladenen und nicht selten exotischen und/oder komplexen Hintergrundwelten, die in vielen Fällen erstmal nur eines tun: sie erschlagen den Leser mit Details. Ich glaube auch, daß es für den zaghaften Einsteiger-SL viel entspannter ist, ein Rollenspiel zu erlernen, wenn er nicht gleich mit Texten konfrontiert wird, die aus ihm nach allem Für und Wider einen filmtauglichen Geschichtenerzähler machen wollen oder ihm ein sorgfältiges Detailstudium des Settings zumuten, ohne das er gar nicht mit dem Spielen anzufangen braucht.
Das könnte unter Umständen einschüchtern... so, wie es Neulinge meistens einschüchtert, wenn sie in einen gemischten Haufen Grognards geraten, der über wilde Rollenspielanekdoten schwadroniert, die ein Einsteiger überhaupt nicht einordnen oder in Relation bringen kann.
Es gilt, die eigene Kreativität durch das Spiel selbst zu entdecken - und hier ist weniger oft mehr. Und das ist selbst nach 30+ Jahren mit old-school-Systemen bzw. Retro-Clonen imho immer noch (mit) am einfachsten. Und genau da liegt auch der Reiz.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Greifenklaue

Also, ich hab noch etwas gewartet, bis ich mich an die Fragestellung mache, die ich erstmal mit dem Thema "Welle" beginnen möchte.

In dem US-sprachigen Rollenspielsektor scheint die OSR-Bewegung eine echte und starke Welle zu sein, hierzulande spüren wir nur leichte Nachwellen der US-Bewegung. Immer wieder behaupten Leute, dass hierzulande retro und Oldschool ein Megatrend sind, übersehen aber, dass es immer dieselben zwei Handvoll aktive sind, die da aktiv werden und viele Oldschooler nicht reine Oldschooler sind sondern verschiedene Interessen haben. Spätestens klar wurde mir das, als ein Podcast nach Oldschoolern suchte und erst Moritz und danach ich (, der nun gar keiner bin! Siehe weitere Erläuterungen.) ablehnten und bis zum heutigen Tage niemand als Gesprächsparter hat... Ein Riesentrend sieht anders aus! Ohne Frage gibt es aber durchaus einen Trend, eine kleine Welle, eine Mode in Deutschland - aber keinesfalls größer als der SW- oder Fate-Hype.

Welchen Einfluß hatte diese "Welle" bislang auf die Szene? Durchaus einen spürbaren auf die deutsche Szene. Mit LabLord konnte ein System übersetzt und in einer Marktnische etabliert werden, zu dem es regelmäßige Neuveröffentlichungen und gar ein Zine gibt. Die Übersetzung vom Schwestersystem Mutant future scheiterte dann leider, auf der anderen Seite sind die Leute ja nicht verschwunden und realisieren weitere Übersetzungen (gut, BoL war vorher, aber es kommt wieder was ...). Regelmäßig schießen Oldschoolblogs aus dem Boden, allerdings kommt keiner auch nur annähernd an die Aktivität (oder Qualität) von der Seifenkiste heran oder ist ein Mischblog (Rorschachhamster fällt mir da sofort ein) [Die Ogerhöhle sei vielleicht noch lobend erwähnt.]. Projekte wie Pathfinder Oldschool oder Cimorra sind Nebenprodukte. Dann wäre da noch Dungeonslayers, welches sehr geschickt Oldschool mit modernen Mechanismen verknüpft und es zudem geschafft hat, eine größere und vor allem sehr kreative, schaffende Community zu binden! Die Neuauflage von DSA 1 war weniger für Oldschooler als vielmehr für Sammler.

Berührte sie auch die notorisch nicht-old-school-spielende (bzw. die sich nicht dafür haltende) Fraktion? Ja, doch, gerade am Beispiel DS sieht man das gut, hier gibt es viele, die ihre Freude am "einfachen" Spiel gerade erst entdecken.

Was lernen wir (immer noch) aus der archaischen Formel von Rollenspielen zu Zeiten von Schlaghosen und Mittelscheiteln? Oldschoolrollenspiele mit ihren Nischen zeigen imho drei Dinge auf:

1.) Rollenspiel ist in seinem Kern ein kooperatives Spiel. Arbeitet zusammen oder macht Euch neue Charaktere. Ergänzt Eure Nischen.

2.) Rollenspielregeln müssen nicht komplex sein. Ein Buch kann auch weniger als 365 Seiten haben und trotzdem komplett sein. Die ´Belastungsregeln von LotFP haben auf mich eine atemberaubende Wirkung und strahlen eine eleganz aus ..

3.) Rollenspiel ist tödlich.20-Seiten-Hintergründe sind keine Überlebensgarantie. Im gegenteil, eher ein Indiz dafür, dass neben dem SC auch der Spieler erschlagen gehört ... (leicht überspitzt formuliert).

Warum macht Minimalismus Spaß? Minimalistische Systeme sind schnell. Schnelles Vorankommen, bei DS z.-b. ja auch stufenmäßig. Mir machen sie auch Spaß in gewisser Dosierung, genauso brauch ich aber Pathfinder oder Hackmaster.

Außerdem: wenig Ressourcen. Es gibt keine / wenige sog. Problemlösungscoupons, man muss sich selber was ausdenken. Ob nun die Fallgrube mit 3 Meter-Stange entdecken oder komplexe Fallen und Rätsel mit eigenem Hirnschmalz überlisten. (Grundsätzlich kann man das z.B. auch in Pathfinder realisieren, ich hatte z.B. viel Freude daran, wie meine Spieler bei Pathfinder und der Krone des Koboldkönigs die Fallen überlisteten. Es geht aber in diesen Systemen auch anders. Leider ...) Und wenn Systeme wie LofTP die GM wertiger machen, kann ich das auch nur begrüßen.

Denn Spaß muß es doch machen, sonst würden wir doch gar nicht darüber schreiben, richtig?  ja, völlig richtig. Immer mehr kommen damit in Kontakt und lassen sich drauf ein!

Oder darf's etwas mehr sein, weil es eben nicht satt macht? ein klares Jein bzw. ein sowohl als auch. Mal Oldschool ist schön, mal was komplexers ist auch schön, ab und an darf es sogar gern mal was anderes als fantasy sein - aber nur ab und an  ;)

"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
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