Schwurtag, der dritte Tag im Gozran des Jahres 4703, zur frühen Morgenstunde
Die Welt stand kurz davor, zerstört zu werden. Dort, wo sich gerade noch eine ganze Stadt befunden hatte, stand Berand plötzlich am Rand eines bodenlosen Kraters und starrte Fassungslos auf das Ergebnis der ungeheuren Zerstörungswut, die hier soeben getobt haben musste. Berand sprang und...
...Riesen und Drachen kämpften gegeneinander, eine epische Schlacht, ausgelöst durch einen finsteren Willen, der in seinen Besitz bringen wollte, was ihm einst gehört hatte. Und er, Berand, hatte, was der andere suchte. Nun war er auf der Flucht, vor den Riesen, die den Dieb verfolgten und vor den Drachen, die ihm seine Beute entreißen wollte. Berand bog um die Ecke und...
.. nur Millimeter vor seinem Gesicht schnappten zwei nadelspitze Zahnreihen zusammen, die dem größten, ungeheuerlichsten Wesen gehörten, dass er sich in seinen kühnsten Träumen nie hätte vorstellen können. Ein Berg von einem Wurm, der ihn eigentlich hätte übersehen sollen, stattdessen ihn offenbar aber zum Opfer auserkoren hatte. Berand prallte zurück...
...warf sich zur Seite, um dem riesigen Knüppel zu entgehen, den ein ebenso riesiger Riese gerade auf ihn herabschmetterte. Geschickt rollte er sich ab und....
...starrte in das weit geöffnete Maul eines roten Drachen, in dessen Kehle er schon den Funken des Feuers zu erkennen meinte, dass ihn gleich umhüllen würde, und da kam es auch schon, eine alles verbrennende Feuerwalze und Berand....
...erwachte schweißgebadet. Sein Atem ging stoßweise, als habe er gerade einen Kilometer weiten Lauf hinter sich gebracht und schon zum dritten Mal in dieser Woche erwischte er sich dabei, wie er spontan an sich hinabblickte, um etwaige Brandspuren zu entdecken. Drei Mal hatte er diesen Traum schon gehabt. Dreimal war er gerannt und geflüchtet, nur um am Ende von den Feinden eingekesselt zu werden, die alle an dem Ding interessiert waren, dass er gestohlen hatte, um das Ende der Welt zu verhindern. Dem Ding, von dem er schon wieder vergessen hatte, um was es sich handelte.
Auch anderswo erwachten nach und nach die Bewohner der Stadt. Diamantsee war kein Ort für Langschläfer; Minenarbeiter taten gut daran, rechtzeitig zum Schichtantritt zu kommen, wenn sie ihren Job länger behalten wollten. Auch in der Garnison des Ortes stand man mit dem ersten Hahnenschrei auf und außerdem hatte sich die Spannung noch nicht wieder gelegt, die das Eintreffen von drei gar seltsamen Vögeln erzeugt hatte. Ein Trio von Abenteurern, dass vor mehreren Tagen aus Magnimar angekommen war und keinen Hehl aus ihrer Absicht gemacht hatte, in den nächsten Tagen eine kleine Expedition zu einem der Gräber zu machen, die hier in der Gegend nicht selten waren. Das es allerdings ausgerechnet das Blutmückengrab sein sollte, hatte für ziemliches Aufsehen gesorgt, war das doch eines der am besten erfoschten Grabstätten und wohl auch das, von dem man am sichersten sein konnte, dass dort nichts mehr zu finden war. Die Ankündigung hatte zunächst daher einige Belustigung hervorgerufen. Allerdings sahen Kellek, der Zauberer, die Elfe Tirra und Auric, der Träger des berühmten Gürtels, der ihn als aktuellen Champion der alljährlich stattfindenden Spiele in der Arena Magnimars kennzeichnete, so gar nicht wie Narren aus. In die Belustigung mischte sich daher Neugier und Spannung, ob die drei vielleicht mehr Glück haben würden, als die Narren, die sich die Male zuvor an diesem Grab versucht hatten.
Und dann gab es noch diejenigen, die darin einen Hoffnungsschimmer erkannten. Wenn so weitgereiste Leute eine Chance sahen, einem Grab seine Schätze zu entreißen, vielleicht würde anderen das ja ebenfalls gelingen. Wäre es nicht das Risiko wert, wenn dadurch die Chance bestünde, zu Reichtum zu gelangen, und endlich diesem stinkenden Loch, dass sich Diamantsee schimpfte zu entrinnen? Man müsste nur wissen, wo genau diese Gräber sich befinden.