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[Serie] REACHER (Amazon Prime Video)

Begonnen von Argamae, 09. Mai 2022, 19:16:30

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Argamae

Nach zwei (mässigen) Kinoverfilmungen mit Tom Cruise in der Hauptrolle, hat sich AMAZON nun des Titelhelden von Erfolgsautor Lee Child angenommen: in REACHER prügelt sich Alan Ritchson als umherwandernder Ex-Militär "Jack Reacher" durch zunächst 8 Folgen voller Bösewichte und korrupter Kleinstadt-Cops. Diese 8 Folgen der ersten Staffel umreißen die Handlung von Lee Childs Debüt-Roman "Killing Ground" (dt. "Größenwahn") und diesmal zählt der Romanautor selbst zu den ausführenden Produzenten. Wird es daher nun eine originalgetreue Darstellung seiner Figur und seiner Romanhandlung? Ja. Und nein.

*SPOILERFREI*

Zunächst einmal möchte ich der Serie wohlwollend zugutehalten, dass sie ziemlich brachial und kompromisslos geraten ist - zumindest, was viele der zahlreichen Prügel- und Mordszenen angeht. Bisweilen wird es sogar unangenehm "grafisch": einem der übelst zugericheten (männlichen) Mordopfer wird die Kamera mal schön in den nackten Schritt gehalten, der zwar etwas abgedunkelt ist, aber alle anatomischen Details erkennen lässt. Diese für eine Serie ziemlich überraschende Zeigefreudigkeit von Greueln kannte ich zuvor so nur aus der PUNISHER-Fernsehserie mit Jon Bernthal.

Und Gewalt und rabiates Vorgehen sind auch Markenzeichen von Jack Reacher, der in die verschlafene Kleinstadt Margrave in Georgia kommt, wo er hinter der idyllischen Fassade alsbald Korruption, Verbrechen und jeder Menge Mordbuben auf die Spur kommt. Ganz allein bleibt er indes nicht, da sich schon bald eine Art "Team" bildet und er Unterstützung von einem geschassten Detective und einer furchtlosen Polizistin erhält. Hier entspinnt sich dann ein Plot, dem Reacher wie ein Bluthund nachgeht und dabei wenig Kompromisse macht. Er will die Täter nicht vor Gericht bringen - er will sie töten. Zumal das Ganze für ihn auch eine sehr persönliche Note bekommt.

Da ich nun in der glücklichen Lage bin, den Pate gestandenen Roman gelesen zu haben, kann ich mich ein wenig zu der filmischen Umsetzung äußern. Zunächst mal: die Besetzung.
Alan Ritchson ist nicht der ausdrucksstarkste Mime, um es vorsichtig zu formulieren, dafür überzeugt er mit seiner über jeden Zweifel erhabenen Körperlichkeit, die man des öfteren bestaunen darf. This guy is ripped! Rein physisch könnte er es womöglich mit einem Dwayne "The Rock" Johnson aufnehmen, wenn diese mal gemeinsam in den Ring steigen würden. Und die nicht besonders gefühlsbetonte Mimik passt durchaus zur Romanfigur, doch damit hören die Gemeinsamkeiten dann auch auf. Wo der Roman-Reacher durchaus das professionelle Töten gelernt hat und ebenfalls eine eindrucksvolle Präsenz mitbringt, wirkt Ritchsons Figur ein bißchen zu sehr nach "Sonny Boy" und "Body Builder", was sich u.a. an seinem Gang und seinen Bewegungen zeigt. Zwar kann er in einigen Szenen durchaus sympathisch sein, aber man mag ihm einfach nicht abnehmen, dass er ein durch bittere Erfahrungen und traumatische Erlebnisse gestählter, abgehärteter Soldat ist. Auch die Sinnesschärfe und Schläue von Childs Romanheld finden in Ritchsons Spiel nicht den gleichen Ausdruck. Und so wirkt er in den ersten Folgen auch eher wie die eierlegende Wollmilchsau einer Fan-Fiction, die alles sofort erkennt und körperlich unschlagbar ist, und nicht wie ein glaubwürdiger, "gewachsener" Charakter. Die für die Serie geschaffenen Rückblenden in Reachers Kindheit sind zwar eine nette Idee und verleihen ihm nach und nach etwas mehr Charakter, bleiben aber facettenarm und kratzen nicht an der Oberfläche der im Roman deutlich vielschichtigereren Person.

Dafür wirken schauspielerisch die beiden Haupt-Nebenrollen "Finlay" und "Roscoe" nach, die mit Malcolm Goodwin und Willa Fitzgerald gut besetzt sind und den Serienhelden in ruhigen Szenen an die Wand spielen. Zwar übertreibt es Goodwin mit der Darstellung des schwarzen, katholischen Harvard-Berufspolizisten etwas, doch Fitzgerald verkörpert die anfangs unauffällige, aber kompetente und einfühlsame Streifenpolizistin Roscoe durch die Bank überzeugend. Im Gegensatz zur Romanvorlage gerät insbesondere Finlay jedoch zu oft zur Witzfigur, kann sich gegenüber Reacher nie durchsetzen und ihm auch keine Konsequenzen aufzeigen. Ich finde, diese Rolle wird unter Wert verkauft - gerade auch im Hinblick auf den Roman-Finlay.

Was die Gegner anbelangt, so empfand ich sie in der Serie (wie gesagt: immer im Vergleich zum Roman) als etwas zu plakativ "schurkig" - und insbesondere der ultimative Bad Guy kommt eher als labiler Psychopath daher, was im Roman nicht so angelegt war. Stark fand ich lediglich einzelne Nebenfiguren bzw. eben die Darstellungen dieser durch ihre Mimen. Um nicht zu spoilern, gehe ich hier darauf nicht näher ein. Erfrischend ist definitiv, viele unbekannte/unverbrauchte Gesichter und Talente in der Amazon-Serie zu sehen.

Inhalt und Handlung: orientieren sich insgesamt sehr nah am Roman, wenngleich die deutlichste Änderung in einer Figur besteht, die in die Handlung hineingeschrieben wurde, aber in den Reacher-Romanen erst später auftaucht - die weibliche, schwarze Sicherheitsexpertin/Privatdetektivin namens Neagley, Ex-Mitglied von Reachers Militäreinheit. Ihr vertraut der Serien-Reacher absolut und er engagiert sie dann auch in der zweiten Hälfte der Staffel als treuen Sidekick. Glücklicherweise ist diese Figur (noch) nicht zu penetrant als Überbringerin der "woken Message" angelegt, obschon sie einem zu grabschfreudigen Mann in einer Pole-Dance-Bar gleich mal eine Lektion erteilt und der Sexarbeiterin das Trinkgeld zusteckt. Außerdem darf sie Reacher im Showdown das Leben retten und muss auch sonst nicht von ihm eingeschüchtert sein. Sie nennt ihn zwar immer "Boss", aber die weitere Beziehung zwischen beiden wird in Staffel 1 nicht näher beleuchtet. In den Romanen stellt sie einen wiederkehrenden Charakter dar, daher darf man sich wohl schon daran gewöhnen, sie in der Fortsetzung der Serie zu sehen. Ich persönlich fand die Figur, die von Maria Sten gespielt wird, weder besonders interessant noch besonders störend. Sollte sie ein Dauercharakter werden, stünde ihr definitiv mehr Background und Profil zu Gesicht.

Wo in der Serie den beiden Nebenfiguren Finlay und Roscoe deutlich mehr Handlungen zugeschrieben wurden, bleibt der Roman-Reacher gefühlt stärker der Einzelgänger. Dafür kann sich dann die Serie auch mal auf die anderen Figuren konzentrieren und somit der teils übermächtigen Wirkung Reachers ausweichen, welche damit gleichzeitig etwas gebremst und gemindert wird. Insgesamt wird jedoch die Filmhandlung gegenüber dem Roman stärker ausgewalzt, was ich etwas störend empfand. Für einen Einzelfilm ist der Roman zu umfangreich, für eine Serie mit acht 50-Minuten-Folgen hingegen zu kurz. Ein Dilemma.

Während in der Romanvorlage auch die Ermittlungsarbeit Reachers einen nicht unerheblichen Teil einnimmt, puzzelt man sich in der Serie das kriminelle Wirken gefühlt im Vorbeigehen zusammen. Das fand ich persönlich echt schade, denn das war ein unterhaltsamer Teil der Story als ich sie gelesen habe. Natürlich kontaktieren die Handelnden in der Serie zahlreiche Personen, fahren auf der Spurensuche durch die Gegend und telefonieren erheblich viel, doch wird die Schnitzeljagd und ihre erkenntnisreichen Aha-Momente einfach nicht spannend genug rübergebracht, bis dann klar ist, wie hier der Hase läuft.

Der Showdown schließlich ist leider nicht so spannend oder dramatisch wie ich es vom Roman in Erinnerung hatte. Auch der teils nicht gelungene Übereinsatz von CGI schmälert den Krawall etwas. Die Gegner strahlen so gut wie keine Bedrohlichkeit mehr aus (was anfangs in der Serie durchaus der Fall ist) und die eiskalten Verbrecher werden dann auch mal eben problemlos von Mitkämpfenden ausgeschaltet, die das erste Mal eine Schusswaffe in der Hand halten. Das störte mich doch arg. Reachers ultimativer Endkampf gerät dann auch stark gestelzt und angesichts der bis dahin etablierten "tough guy bad assery" sehr unglaubwürdig. Denn physikalisch eindrucksvoll ist sein Kontrahent keineswegs, darf dem gefühlt doppelt so muskulösen und schweren Reacher aber ein ums andere Mal einen einschenken. Das ist einfach etwas lächerlich, wenn man als Zuschauer zuvor mit angesehen hat, wie Reacher fünf miesen Knastschlägern die Leviten mit Zusatzkapitel liest.

Fazit: Trotz der genannten Schwächen ist REACHER problemlos genießbar, ja mitunter auch schmackhaft. Für Freunde von modernen Actionserien im Thriller-Genre ist REACHER definitiv eine der aktuell besten Darreichungen. Ich spreche daher eine Empfehlung aus.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

rap

Ui da bin ich überrascht. Ich habe die Serie wegen des wirklich grausam aufspielenden Hauptdarstellers abgebrochen. Da war nix zu holen für mich.

Argamae

Zitat von: rap am 09. Mai 2022, 19:41:48
Ui da bin ich überrascht. Ich habe die Serie wegen des wirklich grausam aufspielenden Hauptdarstellers abgebrochen. Da war nix zu holen für mich.

Rap, das kann ich tatsächlich nachvollziehen... aber es wird auf jeden Fall besser!
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Besserwisserboy

Habe die Serie jetzt auch gesehen.
Also der Schauspieler ist jetzt kein Tom Cruise aber eigentlich passt er vom körperlichen her viel besser. Jack Reacher ist in den Romanen ein riese und Tom Cruise ist nun mal leider nur so groß wie ein Hobbit...
Die Story hatte für mich einige Logiklöcher bzw. seltsame Zufälle um die Story hinzubiegen. Ansonsten war sie okay und konnte mit recht guten Actionszenen aufwarten.
die zweite Season wird wohl im Dezember diesen Jahres starten.
Ich bin nur durch einen Tippfehler hier, eigentlich wollte ich aufs Reifenklauen-Forum...
Wer hat meinem Goldfisch das Töten beigebracht???

Argamae

Zitat von: Besserwisserboy am 20. Juli 2023, 15:13:22{...} die zweite Season wird wohl im Dezember diesen Jahres starten.

Japp, am 15. Dezember geht's los mit REACHER, zweite Staffel. Der amerikanische Teaser-Trailer rockt schon mal.  ;D
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Besserwisserboy

Die ersten drei Folgen habe ich gesehen. Jeden Freitag kommt eine neue raus. Bis jetzt ganz gut. Durchschnittliche Story aber für solch eine Serie ganz okay.
Ich bin nur durch einen Tippfehler hier, eigentlich wollte ich aufs Reifenklauen-Forum...
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