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Der VW-Abgas-Skandal

Begonnen von Argamae, 24. September 2015, 20:56:24

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Argamae

Wem nutzt das Volkswagen-Bashing?
"Mr. Dax": VW-Skandal ist gar keiner


Ein Gastkommentar von Dirk Müller


Was für ein Aufschrei, was für ein Blutrausch. Mit Begeisterung stürzt sich das Publikum auf Volkswagen und seinen Chef Martin Winterkorn. Dessen Rücktritt verdient Respekt - ist aber ebenso lächerlich wie die ganze Aufregung.

Ein Wirtschaftsskandal erschüttert Volkswagen. Und wie man dem aktuellen Aufschrei entnehmen kann, ganz Deutschland. Es scheint, als hätten wir es mit dem größten Wirtschaftsskandal seit dem 2. Weltkrieg zu tun. Die Aktie von VW verliert in der Spitze 40 Prozent und sofort wird der Kopf eines des bislang erfolgreichsten und gefeiertsten deutschen Managers gefordert. Doch gehen wir einmal zwei Schritte zurück, lassen die Aufregung etwas sacken und schauen uns die harten Fakten an.

Offenkundig hat Volkswagen geschönte Abgaswerte angegeben. An dieser Stelle ist es völlig unstrittig, dass dies intolerabel ist und Konsequenzen haben muss. Aber es sei noch einmal betont, dass wir über geschönte Abgaswerte reden und nicht etwa über funktionslose Airbags, versagende Bremssysteme, über die die Fahrer nicht rechtzeitig informiert wurden, oder wissentlich defekte Zündschlösser, die zu zahlreichen Todesfällen geführt haben. So der Fall bei anderen Autoherstellern. Es geht lediglich um geschönte Abgaswerte.

Auch hier muss man noch fragen, inwieweit das in der Branche verbreitet ist, denn ein Vergleich drängt sich sofort auf. Haben Sie jemals die von den Autoherstellern aller Marken angegebenen Benzinverbrauchswerte im alltäglichen Gebrauch einhalten können? Wir wissen, dass diese Werte nur unter idealisierten Testbedingungen aufgehübscht wurden, und nehmen das schulterzuckend zur Kenntnis. Ist das etwas anderes als die jetzt bekannt gewordene Mogelei bei den Emissionswerten? Ich denke nicht. Denn es sind am Ende auch Emissionen und zwar solche, die sich bei jeder Tankfüllung direkt im Geldbeutel der Autokäufer niederschlagen. Eigentlich ist das der größere Betrug, der aber flächendeckend über alle Hersteller akzeptiert ist.

Warum kommt also gerade jetzt diese große Aufregung um VW? Cui bono? Wem nutzt es, sei an dieser Stelle gefragt. Reibt sich Ferdinand Piëch heute die Hände, wie so manche glauben? Das denke ich nicht. Bei allem Triumph, den er über Winterkorn nun möglicherweise empfinden mag, wird ihm das Herz bei der Betrachtung des Schadens an seinem Lebenswerk VW und natürlich auch an dem Wert seiner eigenen Aktienpakete sicherlich schwer sein.

Aber ist es nicht ein bemerkenswerter Zufall, dass dieses Thema just an jenem Tag in den USA hochkommt, an dem VW dort seinen lang erwarteten neuen Passat vorstellt, das Fahrzeug, dass in den nächsten Jahren den Heimatmarkt von GM und Ford aufwirbeln sollte? Man scheint diese zweifellos unschöne Situation zumindest nun brutalst möglich ausnutzen zu wollen. Ein frontaler Angriff auf die bisher übermächtige deutsche Automobilindustrie, das Herz der deutschen Wirtschaft, ist die Folge. Und was machen wir? Wir spielen dieses Spiel mit Begeisterung mit. Wir stellen selbst alle deutschen Autohersteller unter Generalverdacht. Faseln vom Ende der Marke "Made in Germany" und bekreischen den Untergang in das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft.

Die Kanzlerin meldet sich umgehend zu Wort, noch bevor belastbare Fakten auf dem Tisch liegen. Ministerpräsidenten treffen sich zu Sondersitzungen. Wo war denn eigentlich diese Empörung, als die Deutsche Bank von einem Milliardenskandal zum nächsten überging? Devisenmanipulation, Zinsmanipulation, Immobilienskandale, alles in Milliardenhöhe. Wo war hier die Empörung über das verlorene Vertrauen in die deutsche Wirtschaft? Wie viele Vorstände der Deutschen Bank sind deswegen zurückgetreten? Weniger als einer?

Doch der Kopf eines hochangesehenen Managers dieses Landes wird keine 24 Stunden nach Bekanntwerden aus Millionen Kehlen gefordert und dann auch geliefert. Allen Respekt verdient der Schritt von Martin Winterkorn, seinen Posten niederzulegen und die Verantwortung dafür zu nehmen, was in seinem Haus geschehen ist, obwohl er, wie er sagt, bei sich selbst keine Verfehlung feststellen kann. Chapeau. Dieses Rückgrat würden wir uns von so manchem Politiker oder Vorstand der vergangenen Jahre wünschen. Und sicherlich fallen uns noch viele Unternehmen mit Schmiergeldskandalen, illegalen Waffenlieferungen und sonstigen echten Skandalen ein, deren führende Köpfe noch immer in Amt und Würden sind.

Machen wir uns bei allem Blutrausch dieser Stunden noch einmal klar, dass wir über geschönte Abgaswerte sprechen. Lassen wir die Kirche im Dorf und helfen wir den Mitbewerbern jenseits des Atlantiks nicht noch dabei, unsere eigene Wirtschaft in den Boden zu stampfen. Bei General Motors und Ford dürften dieser Tage die Champagnerkorken knallen. Die defekten Zündschlösser bei GM führten zu 174 Toten und wurden mit einer Strafe von 900 Millionen US-Dollar geahndet. Bei Volkswagen spricht man nun über 18 Milliarden US-Dollar Strafe wegen geschönter Abgaswerte.

Bemerkenswert ist übrigens auch, dass am gleichen Tag in Brasilien Klage gegen VW erhoben wird, weil der Konzern in den Jahren 1964-1985 (!) mit der damaligen Diktatur zusammengearbeitet haben soll. Es gibt schon merkwürdige Zufälle.

Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.



Dirk Müller ist Börsenmakler und Buchautor und betreibt die Website www.cashkurs.com. Quelle: n-tv.de
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Steff

Zitat von: Argamae am 24. September 2015, 20:56:24
Wem nutzt das Volkswagen-Bashing?
"Mr. Dax": VW-Skandal ist gar keiner


Ein Gastkommentar von Dirk Müller

...
Offenkundig hat Volkswagen geschönte Abgaswerte angegeben. An dieser Stelle ist es völlig unstrittig, dass dies intolerabel ist und Konsequenzen haben muss. Aber es sei noch einmal betont, dass wir über geschönte Abgaswerte reden und nicht etwa über funktionslose Airbags, versagende Bremssysteme, über die die Fahrer nicht rechtzeitig informiert wurden, oder wissentlich defekte Zündschlösser, die zu zahlreichen Todesfällen geführt haben. So der Fall bei anderen Autoherstellern. Es geht lediglich um geschönte Abgaswerte.

Naja, geht es nicht eigentlich darum, daß die betreffenden Motoren erkennen, daß die Abgaswerte gemessen werden, und dann in einen weniger-Emissionen-Modus wechseln?
Das wäre dann in der Tat keinen "schönen" mehr, sondern mindestens "tricksen", wenn nicht gar "Betrug", wie es wohl die US Umweltbehörde sieht.

Ich bin auch kein Freund von unsachgemäßer Kritik, aber wenn die Vorwürfe des "Betrugs" stimmen, dann ist es schon peinlich für VW, als erster erwischt zu werden.
Ich zweifele in keinster Weise daran, daß die anderen Hersteller, und natürlich auch die US amerikanischen Hersteller, nicht auch diesen "kleinen Trick" benutzt haben.

Ob wirklich gezielte Machenschaften dahinter stecken, oder ob es wirklich, wirklich nur ein ganz zufälliger Zufall ist, daß die Ereignisse wie im obigen Kommentar beschrieben eingetreten sind, bleibt erst mal abzuwarten.
Aber wenn man weltgrößter Autobauer sein will, muß man auch damit rechnen, weltgrößtes Ziel von Neid und Missgunst zu sein.
...   _.   ._   .._.   .._

Greifenklaue

Zitat von: Steff am 24. September 2015, 21:14:59
Naja, geht es nicht eigentlich darum, daß die betreffenden Motoren erkennen, daß die Abgaswerte gemessen werden, und dann in einen weniger-Emissionen-Modus wechseln?
Das wäre dann in der Tat keinen "schönen" mehr, sondern mindestens "tricksen", wenn nicht gar "Betrug", wie es wohl die US Umweltbehörde sieht.

Ich bin auch kein Freund von unsachgemäßer Kritik, aber wenn die Vorwürfe des "Betrugs" stimmen, dann ist es schon peinlich für VW, als erster erwischt zu werden.
Ja. Die Motorsoftware erkennt, dass gerade gemessen wird. Woran? Messzyklen haben einen sehr typischen Verlauf, z.B. weil nur ein Reifenpaar rollt und schon schaltet die Motorleistung runter, um weniger Emissionen zu produzieren.

Dass es nun ausgerechnet mit VW den Hersteller getroffen hat, der sehr aufs Umweltbewußtsein (z.B. Blue Efficency) setzt, wofür der Kunde ei paar Mark mehr ausgibt, ist doof (wenn es denn tatsächlich alle machen) -- und wird leider wohl nachhaltig Schaden hinterlassen und Arbeitsplätze vor Ort kosten.

Ein WN-Leser rückte die Piech-Geschichte in den Vordergrund - hat der etwa davon wind gekriegt und deswegen versucht, Winterkorn abzusäbbeln. Interessante Spekulation.

Leider kann man nur erschreckt danebenstehen und bedauern, dass künftig weniger Geld nach Wolfsburg fließt.
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Argamae

Es betrifft nur eine bestimmte Motorenreihe (Typ EA 189), die mit dieser Software ausgestattet worden ist. Davon sollen 11 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert worden sein. Bereits im Mai 2014 hat die US-Behörde auf die Messabweichungen hingewiesen. Es gab wohl auch eine Rückrufaktion von einer halben Million Fahrzeuge, danach galt das Problem als behoben. Wieso man angeblich nichts gemacht hat und das Problem (oder von mir aus auch den Betrug) hat schwelen lassen, kann ich persönlich nicht nachvollziehen.

Wir haben es natürlich auch mit zwei Rechtssystemen zu tun. Was in den USA als "vorsätzlicher Betrug" gilt, muss nicht zwingend auch bei uns als solcher geahndet werden. Wie Dirk Müller schrieb, kennen wir ja alle die idealisierten Testbedingungen beim Kraftstoffverbrauch. Aber hier spekuliere ich nur; vermuten tue ich auch, daß die Abweichungen erheblich gewesen sein müssen, sonst wäre kein Verdacht aufgekommen. Sicherlich wird man drüben mit dem deutschen Autobauer härter ins Gericht gehen als vielleicht mit einem amerikanischen Konzern (allein schon aus wirtschaftlichen Interessen).

Die in der EU ausgelieferten Neufahrzeuge mit Dieselmotor erfüllen sämtliche Anforderungen und Umweltnormen.

Übrigens habe ich anfangs auch die "Piech-Verschwörung" gewittert, aber ich tendiere dazu, Dirk Müller in seinem Kommentar recht zu geben: es wäre ein Schnitt ins eigene Fleisch gewesen. Ob Machtmensch Piech so weit gegangen wäre, einen Skandal zu lancieren, um Wiko abzusägen, bezweifle ich.
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Steff

Zitat von: Greifenklaue am 24. September 2015, 21:24:15
Zitat von: Steff am 24. September 2015, 21:14:59
Naja, geht es nicht eigentlich darum, daß die betreffenden Motoren erkennen, daß die Abgaswerte gemessen werden, und dann in einen weniger-Emissionen-Modus wechseln?
Das wäre dann in der Tat keinen "schönen" mehr, sondern mindestens "tricksen", wenn nicht gar "Betrug", wie es wohl die US Umweltbehörde sieht.

Ich bin auch kein Freund von unsachgemäßer Kritik, aber wenn die Vorwürfe des "Betrugs" stimmen, dann ist es schon peinlich für VW, als erster erwischt zu werden.
Ja. Die Motorsoftware erkennt, dass gerade gemessen wird. Woran? Messzyklen haben einen sehr typischen Verlauf, z.B. weil nur ein Reifenpaar rollt und schon schaltet die Motorleistung runter, um weniger Emissionen zu produzieren.

Dass es nun ausgerechnet mit VW den Hersteller getroffen hat, der sehr aufs Umweltbewußtsein (z.B. Blue Efficency) setzt, wofür der Kunde ei paar Mark mehr ausgibt, ist doof (wenn es denn tatsächlich alle machen) -- und wird leider wohl nachhaltig Schaden hinterlassen und Arbeitsplätze vor Ort kosten.

Ein WN-Leser rückte die Piech-Geschichte in den Vordergrund - hat der etwa davon wind gekriegt und deswegen versucht, Winterkorn abzusäbbeln. Interessante Spekulation.

Leider kann man nur erschreckt danebenstehen und bedauern, dass künftig weniger Geld nach Wolfsburg fließt.

Sowohl die Sache mit Piech als auch irgendwelche Konsequenzen für VW, die Region, den Industriestandort Deutschland sind doch reine Spekulation.
Der Image-Schaden kann genauso gut in eine Chance zum Neuanfang (auch in den USA) gedreht werden (Aufklärung, Transparenz, auch ungeschönt weniger Umweltbelastung als bei Ami-Schlitten), wie die Schließung des Werkes in Chatta... in den USA bedeuten, oder aber auch Umsatz- und Gewinneinbrüche im zweistelligen Prozentbereich bedeuten. Aber auch 50% von "sehr viel" sind immer noch "viel". Um deutsche Arbeitsplätze mache ich mir da eher weniger sorgen, VW war da bisher immer mehr als Fair.

Und wenn erstmal heraus kommt, daß die anderen genauso getrickst haben, womöglich mit der gleichen Software vom selben Zulieferer, wird die Welle der Empörung gegen VW auch wieder abflauen. Zwar wird der Ausdruck "Abgas-Skandal" ziemlich lange, wenn nicht gar für immer, mit VW verbunden bleiben, aber wenn VW schlau ist, baut es sich als Vorreiter in Sachen aufklären, offenlegen und vor allem "genaueste Abgasmessmethode wo gibt" auf.
Wenn VW schlau ist...
...   _.   ._   .._.   .._

Steff

Zitat von: Argamae am 24. September 2015, 22:01:58
Sicherlich wird man drüben mit dem deutschen Autobauer härter ins Gericht gehen als vielleicht mit einem amerikanischen Konzern (allein schon aus wirtschaftlichen Interessen).
Jepp

Zitat
Übrigens habe ich anfangs auch die "Piech-Verschwörung" gewittert, aber ich tendiere dazu, Dirk Müller in seinem Kommentar recht zu geben: es wäre ein Schnitt ins eigene Fleisch gewesen. Ob Machtmensch Piech so weit gegangen wäre, einen Skandal zu lancieren, um Wiko abzusägen, bezweifle ich.
doppel jepp
...   _.   ._   .._.   .._

Greifenklaue

Zitat von: Argamae am 24. September 2015, 22:01:58
Übrigens habe ich anfangs auch die "Piech-Verschwörung" gewittert, aber ich tendiere dazu, Dirk Müller in seinem Kommentar recht zu geben: es wäre ein Schnitt ins eigene Fleisch gewesen. Ob Machtmensch Piech so weit gegangen wäre, einen Skandal zu lancieren, um Wiko abzusägen, bezweifle ich.
Na, ich denke der Leser meint die Vorfälle vor kurzen (Vierteljahr), wo Piech Winterkorn scheinbar grundlos absägen wollte. Wenn die der Grund ist, wäre auch klar, warum Piech damals seine Gründe nicht erläuterte. Wie dem auch sei, ich fand den Gedanken spannend.

Zitat von: Steff am 24. September 2015, 22:16:30
Sowohl die Sache mit Piech als auch irgendwelche Konsequenzen für VW, die Region, den Industriestandort Deutschland sind doch reine Spekulation.
Ja, Überraschung. Deswegen schrie ich ja sicherhalthalber dazu:
Zitat von: Greifenklaue am 24. September 2015, 21:24:15
Interessante Spekulation.
Zum zweiten Teil, ist aktuell sicher nicht klar, was die Konsequenzen sind, das es welche gibt (z.B. kurzfrostige Kurseinbrüche), ist hingegen klar. Was sie sind ist Spekulation. Ja. Aber da darf man ja seine Meinung äußern. Ich denke, dass derjenige, umweltbewußte Käufer, der bereit war ein paar Euro mehr für eine bessere Umweltbilanz auszugeben, bei VW geringer wird. Ob das 5, 0,5 oder 0,05% sind, keine Ahnung. Hier geht es ja schließlich nicht um Fehler bei DSA ...
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Argamae

Zitat von: Greifenklaue am 24. September 2015, 22:44:24
[...] (z.B. kurzfrostige Kurseinbrüche), ist hingegen klar. [...]

Jetzt, wo bald der Winter kommt, ist das eine sehr wahrscheinliche Konsequenz.  ;D
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Greifenklaue

Das ist doch reine Spekulation!!!

(Winterkorn - kurzfrostig. Passt.)
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
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Steff

Sorry Klaue, ich wollte Dir zum Thema Spekulationen zustimmen, wurde dann aber abgelenkt und hab den Faden irgendwie nicht richtig wieder aufgenommen.

Lustig fand ich es, als im Radio berichtet wurde, daß die VW-Aktie am Morgen nach dem Skandal mit 10% im Minus an der Börse gestartet sei, und mit 5% im Plus den Tag abgeschlossen habe. Der Berichterstatter hat das als "instabile Lage" und "Verunsicherung bei den Anlegern" hingestellt. Ich hätte das eher als Erholung und teilweise zurückgewonnenes Vertrauen bezeichnet. aber ich bin ja auch kein Schwarzseher und hab von sowas auch gar keine Ahnung...  ;D
...   _.   ._   .._.   .._

Greifenklaue

Zitat von: Steff am 24. September 2015, 23:11:58
Sorry Klaue, ich wollte Dir zum Thema Spekulationen zustimmen, wurde dann aber abgelenkt und hab den Faden irgendwie nicht richtig wieder aufgenommen.
Och Menno ...
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Schwarzauge wird büssen."

sico72

#11
Hier noch eine Kolumne von Sascha Lobo (Spiegel) zu dem Theama. Interessanter Ansatz...

Volkswagen: Die digitale Deutung des Dieseldebakels

Dreiundzwanzig Prozent Absturz an einem Tag. Zur Einordnung: Am entscheidenden 25. Oktober 1929, als die Weltwirtschaftskrise begann, fielen die Aktien auch nur um bis zu 30 Prozent. Leute, die vorgeben, sich mit Börsendingen über das Erraten hinaus auszukennen, meinen, der Kurssturz habe mit den möglichen Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Euro zu tun. Aus Anlegersicht mag das stimmen. Aber die Anatomie dieses deutschen Dieseldebakels ist weniger aus der Perspektive der Börsen interessant als aus der Digitalen.

Der Betrug war nur möglich, weil eine so ausgeklügelte wie betrügerische Software Laborsituationen erkennen und den Motor in eine Art Diätmodus schalten konnte. Seit Jahren erkläre ich zu allen möglichen Gelegenheiten, die Autozukunft sei digital vernetzt, deshalb müsse VW ein Software-Konzern werden. In gewisser Weise sind sie das jetzt, nur anders als gedacht und erhofft. Die Konstellation weist nicht nur auf eine verstörende kriminelle Energie hin. Sie beweist auch erneut, dass eine neue Zeit angebrochen ist. Eine Zeit, in der für jedes Technologie-Unternehmen etwas so fragiles, so diffuses, so schwindsüchtiges wie "digitales Vertrauen" notwendig ist. Eigentlich.

Technologiehistorisch befinden wir uns am Beginn einer Art digitalen Kambrischen Explosion. Bei der Kambrischen Explosion entstanden vor 524 Millionen Jahren quasi über Nacht (eine rund fünf Millionen Jahre lange Nacht) beinahe alle heute bekannten Tierstämme, weil die Rahmenbedingungen sich entscheidend geändert hatten. Vorher prepelten drei Milliarden Jahre lang bloß ein paar Algen und Bakterien auf der Erde herum.

Maschinen, die lernen

Eine solche Explosion der digitalen Möglichkeiten hat begonnen. Drei Gründe dafür stechen zwischen vielen anderen hervor. Zum einen die Vernetzung, die hier nur eine kleine Rolle im Vordergrund spielt, dafür eine um so größere im Hintergrund. Zum zweiten die Sensorenflut, der eine Messwerte-, also eine Datenflut folgt. Zum dritten aber die digitale Intelligenz der Datenverarbeitung.

Damit ist nicht Künstliche Intelligenz gemeint, sondern die Vielfalt der Berechnungen, die heute mithilfe der sensorgewonnenen Datenflut möglich sind. Software kann dadurch inzwischen komplexeste Situationen erkennen und das Verhalten der Maschine anpassen. In den meisten Fällen sind wir im Alltag eher froh drüber. Im Silicon Valley wird unter dem Schlagwort Machine Learning die nächste Stufe dieser situativen Anpassungen entwickelt.

VW hat allem Anschein nach zwar kein Machine Learning, aber doch eine intelligente Anwendung programmiert, die sich bestimmten Situationen anpasst. Ein Vorzeigebeispiel kluger Technologie, das bestimmt im Rahmen irgendeines EU-Wettbewerbs prämiert worden wäre. Wenn es nicht der Täuschung und Gesetzesumgehung gedient hätte.

VW hat aus Gier sein digitales Vertrauen verspielt

Das ist die Essenz des Skandals: Die Komplexität, die situative Erkennung und die Anpassungsfähigkeit von Software sind so enorm, dass oft nur noch der Schöpfer einer Software sagen kann, was sie wirklich zu leisten vermag (oft nicht einmal der, aber das ist eine andere Abzweigung).

Ein moderner Oberklasse-Wagen trägt 100 Millionen Zeilen Code in sich, es ist kaum machbar, solche Volumina etwa durch Ämter ernsthaft prüfen zu lassen. Die von Software getriebene Welt der Technologie und mit ihr der gesamten Wirtschaft ist dabei, die Sphäre der Unüberprüfbarkeit zu betreten. Genau deshalb wird der Wert des "Digitalen Vertrauens" unersetzlich. VW hat dieses digitale Vertrauen verspielt, und zwar nicht durch Schusseligkeit, sondern aus Gier.

Und wegen Fortschrittsverkennung. Seit vielen Jahren ist absehbar, dass die Optimierbarkeit von Verbrennungsmotoren an ein Ende gelangen wird: Es gibt schlicht kein Null-Liter-Auto auf Benzinbasis. Die Lösung ist ebenso lange bekannt, nämlich Elektroautos, die in Verbindung mit effizienten Akkus und erneuerbaren Energien den Schadstoffausstoß fast irrelevant machen. Aber der große Vorsprung der deutschen Automobilkonzerne bezieht sich in erster Linie auf die Technologien rund um Verbrennungsmotoren. Und diesen Vorsprung möchte man auskosten, offensichtlich um jeden Preis.

Das gilt übrigens nicht nur für VW, die bloß als erste erwischt wurden. Sondern vermutlich auch für andere deutsche Hersteller. Deshalb ist eine Begebenheit von 2013 besonders interessant. Damals verhinderte die Bundesregierung schärfere Abgasnormen in der EU, just als die BMW-Hauptaktionäre über 600.000 Euro Parteispenden an Angela Merkels Partei überwiesen. Ebenso interessant ist in diesem Kontext, dass die Bundesregierung offensichtlich schon länger von der betrügerisch agierenden Software wusste, was wiederum zur politischen Dimension der Affäre wird. Nicht nur weil VW ein sehr staatsnaher Konzern ist: Staatsinteresse Verbrennungsmotor.

Völlig zu Recht fürchtet die gesamte deutsche Automobilindustrie deshalb den Tag, an dem der Verbrennungsmotor-Vorsprung egal wird: Das Benzinauto war eher ein Hardware-Produkt, das Elektroauto wird ein vernetztes Software-Produkt. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob der große Shift ins Digitale in zwei, fünf oder 15 Jahren kommt. Denn bei dieser nach den Regeln des Plattform-Kapitalismus neu ausgespielten Verschiebung müssen sich die deutschen Autohersteller völlig neu beweisen. Dafür hätten sie digitales Vertrauen gut gebrauchen können.


http://www.spiegel.de/netzwelt/web/volkswagen-affaere-aus-gier-vertrauen-verspielt-lobo-kolumne-a-1054353.html

Argamae

Ach ja, der Herr Lobo.

Seine grundlegende Prognose, was die digitale Zukunft angeht, ist sicher nicht falsch. Und genauso wenig neu, darüber lesen Volkswagen-Angestellte praktisch täglich im Intranet.
Aber er schwafelt hier doch arg. Solange noch nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen, möchte ich mich nicht auf eine Deutung von oder Motivation für den "Abgas-Skandal" einlassen.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Maniac

Tja, Volkswagen hat jetzt das Hütchenspielerimage weg und wer macht schon gerne Geschäfte mit solchen Leuten. Die Marke "Volkswagen" hat in den letzten Tagen einiges an Federn lassen müssen. Martin Winterkorn geht als reicher Mann. Laut der Gifhorner Rundschau wurden ja 28,5 Millionen für seinen Ruhestand zurück gelegt.

Dem neuen Mann, Herrn Müller, wünsche ich aber viel Erfolg. So wie ich gelesen habe, ist der Mann Informatiker und ich glaube in Zeiten wo Google und Apple an eigenen Autos forschen ist so eine Besetzung vielleicht garnicht mal so schlecht.

For those about to GURPS - We salute you!

Steff

Zitat von: Maniac am 26. September 2015, 09:11:20
... Laut der Gifhorner Rundschau wurden ja 28,5 Millionen für seinen Ruhestand zurück gelegt. ...

Die Gifhorner Rundschau, das Fachblatt für knallharten investigativen Journalismus!

Entschuldigung, aber diesen kleinen Scherz konnte ich mir einfach nicht verkneifen.  ;D
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