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Wieviel Realismus braucht man?

Begonnen von Argamae, 08. Mai 2004, 12:56:12

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Argamae

Hallo zusammen!
Jeder hat es schon in der einen oder anderen Runde erlebt: "Wie will der mich denn getroffen haben? Das ist ja wohl total unrealistisch!" oder "Wie bitte? Ich brauche 30 Minuten fürs Schlösserknacken? Mann, ich hab einen Wert von 77%! Das ist ja wohl nicht realistisch!"
Tja, und schon prallen das Fantastische und das Realistische zusammen.

Wieviel Realismus will man im Rollenspiel haben? Wie exakt muß eine mit Würfeln simulierte Wirklichkeit sein? Wie detailiert möchte ich am eigenen Charakter erfahren, welch verheerende Wirkung Kugeln aus einer automatischen Waffe haben? Wie genau soll eine Fertigkeit umreißen, was der Charakter damit alles kann?

Eine alte, aber wichtige Frage im Rollenspiel. Denn der Grad an Realismus bestimmt auch, wie ich ein Rollenspiel spiele bzw. wie ich mit meinem Charakter vorgehe. Aber WAS ist denn nun REALISTISCH? Ist es realistischer, einzelne Wunden an verschiedenen Trefferzonen zu haben oder doch nur eine Summe X von einem Trefferpunktevorrat abzuziehen?
Doch nicht nur im Kampfsystem gibt es solche Fragen. Auch Fertigkeiten, Magie oder Charakterentwicklung erheben immer wieder verschiedene Ansprüche an den "Realismus" im Spiel.

Wie seht Ihr das? Was sind Eure Erfahrungen und Vorlieben?
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
|It's all fun and games - until somebody fails a saving throw!| D&D Meme

McArden

Aus meiner Sicht ist es das Wichtigste, von seinen Werten auf dem Bogen her abschätzen zu können, wie gut der Charakter das eine oder andere kann. Denn ich muß ja entscheiden, ob der Charakter eine Handlung nun versucht oder nicht. Und da ist es sehr entscheidend wieviel Chanchen ich mir (ergo mein Charakter sich) ausrechnet.

Es geht hier also grundlegend nicht um 'Realismuß bis zur letzten Patrone'. Aber man muß schon Entscheidungen nach Logik treffen können ohne vorher die Regeln nach der Wahrscheinlichkeitstheorie bewerten zu müssen.

Gut - in zweiter Linie bin ich ein Freund von simulativem Rollenspiel. Aber da kommt es dann darauf an,was man für ein System spielt. D&D verträgt mit Sicherheit nicht so viel Realismus wie Traveller....

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...where is the morning? Where is the sun? A thousand years of midnight - the sunrise is gone!

Argamae

Nun, um beim Beispiel D&D vs. TRAVELLER zu bleiben:
Beide Hintergründe wollen ganz unterschiedliche Ansprüche stellen, bzw. völlig entgegengesetzte Wirklichkeiten abbilden.
Während D&D dem Spieler anhand von Charakterklasse und -stufe eine Orientierung in Sachen "Wie wahrscheinlich ist es, daß meinem Charakter die Handlung gelingt" gibt, lassen bei TRAVELLER das Fertigkeiten-Portfolio und die jeweiligen Fertigkeitswerte eine solche Einschätzung zu. So weit, so ähnlich.
Doch in Sachen Charakterentwicklung divergieren beide Systeme in Punkto "Realismus" extrem. Während es bei D&D im Grunde vollkommen egal ist, wie sehr Alter des Charakters und Erfahrungsstufe auseinander klaffen (ein 16jähriger Kämpfer der 5. Stufe wäre durchaus denkbar), setzt TRAVELLER dem Spieler hier deutlich "realistischere" Grenzen. Ab einem Alter von 34 besteht hier schon die Möglichkeit, daß sich Charakterwerte verschlechtern. Oder andersrum: ein Charakter von 20 Jahren kann per definitionem gar nicht so hohe oder vielfältige Fertigkeiten haben wie ein zehn Jahre älterer Charakter.
Beides ist - auf bestimmte Weise betrachtet - realistisch. Aber beides führt auch zu Brüchen mit der "Realität". Auf jeden Fall aber bestimmen beide Systeme ganz MASSIV, wie ich als Spieler die "Realität" im Spiel wahrnehme und auch, wie ich Entscheidungen für den Charakter treffe.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Chaotisch Behse

Ich überlasse das meisten voll und ganz der SL.
Da ich selbst oft genug SL bin weiß ich das wenn es gut für die Szene ist man Werte ganz einfach vergessen sollte. Wir machen ja schließlich Rollenspiel um Spaß zu haben und nicht um Werte auswendig zu lernen.
Das kann natürlich negativ wie auch positiv sein. Wenn die Sl sagt du knackst das Schloß dann beschwer ich mich doch auch nicht das ich doch aber einen Wert habe und unbedingt würfeln möchte!
De profundis clamavi ad te, Domine

Argamae

@Chaotisch Behse:
Schon richtig, der/die SL muß und soll in bestimmten Fällen eingreifen. Doch um Intervention seitens eines "Moderators" geht es mir gar nicht. Ein Regelsystem/Würfelsystem muß ja auch um seinetwillen bestehen können. Im Grunde zeigt sich doch daran, wie oft ein Spielleiter eingreifen muß, ob das System imstande ist, die gewünschte "Realität" wunschgemäß abzubilden. Wenn ich mich als Spielleiter beim Leiten eines Rollenspiels ständig in der Verantwortung sehe, regeltechnisch einzugreifen, damit die gegenwärtige Situation "realistisch" rüberkommt, sollte ich mir auch Gedanken machen, ob man nicht ein anderes Würfelsystem benutzt.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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McArden

Die kritischsten Punke zum Realismus bildet in der Tat der Entwicklungsweg eines Charakters. Bei D&D kann es unrealistisch schnell gehen. Aber auch bei Systemen wie KULT wird es ab einem bestmmten Grad sehr schwierig, eine vernümpftige Entwicklung zu realisieren.

Eigentlich bin ich ein Fan von 'nach oben offenen' Erfarungssystemen. Da gibt es allerdings das Problem, daß das Würfelsystem hierzu schwierig zu beherrschen wird.

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Torlogk

hier möchte ich mal Kult als Beispiel anführen:
Wie handhabt ihr ein Eigenschaftswerte von über 20 oder auch 35 ???

zB schlösser öffnen...  Wert 27

Szene: altes Wohn- und Arbeits-Hochhaus alle Türen verschlossen.

...nach dem Dritten Stockwerk muß der Char ja wohl nicht mehr würfeln ! oder? und dann 5 Türen wo er einen Malus von 10-15 bekommt.
wie würdet ihr den Unterschied der Schlösser beschreiben, auf die CHAR Frage warum das Schloß so schwer geht/ging?
Wer glaubt etwas zu sein, hört auf etwas zu werden....

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»All animals are equal. But some animals are more equal than others.«  G. Orwell

Chaotisch Behse

Es ist trotzdem ein Schloß und der Charakter (wobei DAs ja nicht sein MUSS) ein Mensch!
Er kann es für einen Menschen besonders gut... aber Menschen sind in keiner Disziplin unfehlbar!
De profundis clamavi ad te, Domine

Argamae

Es wäre der Stimmung wohl kaum zuträglich, den Spieler für jede einzelne Tür würfeln zu lassen. Möglicherweise gibt es ein, zwei, drei Türen, die schwieriger sind und für die Story relevant - dann würfeln.
Ansonsten verbraucht die ganze Türenöffnerei eine Menge Zeit (in der Spielwelt) und mag zu brenzligen Situationen führen, wenn die Charaktere unter Zeitdruck stehen bzw. ihnen jemand auf den Fersen ist.
In kritischen Situationen bzw. unter Beschuß o.ä. sollten in diesem Fall ruhig Würfe gemacht werden, wenn der Charakter sich an einer Tür zu schaffen macht.
Ich frage mich allerdings auch, wie solch extrem hohe Kult-Werte für Spieler überhaupt zustande kommen sollen... Es sind nämlich diese extremen "Grenzwerte", an denen das Kult-System droht, auseinander zu brechen bzw. seine Glaubwürdigkeit einbüßt.
In Memoriam Gary Gygax (1938-2008), Dave Arneson (1947-2009), Joe Dever (1956-2016), Greg Stafford (1948-2018), Terry K. Amthor (1958-2021) und Ingo Schulze (1977-2021)
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Torlogk

@Argamae:
naja das mit den Werten eben........ ähnliche Probs hat man auch mit z.B. DSA.
Kult ist ein 100ter bzw ein "offenes" System, 9-12 sind angeblich Menschlicher Durchschnitt, unter diesen Voraussetzungen ist es nicht einfach einen Astronauten zu erstellen........
Wer glaubt etwas zu sein, hört auf etwas zu werden....

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»All animals are equal. But some animals are more equal than others.«  G. Orwell

Astendar

Was dieses unter Druck stehen angeht, finde ich, hat das neue D&D eine recht gute Regelung eingeführt:
Wenn man in einer Fertigkeit besonders gut ist und NICHT unter Druck steht, sondern alle Zeit der Welt hat, kann man "10 nehmen" oder sogar "20 nehmen".
Das treibt den Zeitaufwand immens in die Höhe und geht halt auch nur, wenn man nicht unter Stress steht, aber das bedeutet, dass z. B. ein Barde beim Liedschreiben nicht patzen kann; er nimmt entweder 10 (hat dann also einen Effekt von 10), wenn er sich ein wenig Zeit nimmt, ein Lied zu schreiben, es mehrfach durchliest, dran feilt, ausprobiert, und so weiter, oder er nimmt 20 (Effekt 20, glücklich), das dauert dann ECHT lange, er summt es andauernd vor sich hin, feilt hier und da, klimpert oft die Melodie vor sich hin, probiert es an Freunden und so weiter, so lange, bis es in seinen Augen perfekt ist.
Das ist m. E. ne gute Regelung, weil man dann halt mit einem gewissen Zeitaufwand und einer gewissen Ruhe relativ sicher sein kann, auch ein ordentliches Ergebnis zu bekommen.
Wenn mich einer mal fragt - und man fragt mich bestimmt -

ob die Leute beknackt, krank und unheilbar sind

ist die Antwort: Ja, das muss wohl so sein.

Man bewahrt ja den Schein!

Greifenklaue

Ich denke dabei immer an systeme wie "Harnmaster".

"Spielen Sie schon oder sind sie noch bei der charaktererschaffung???"

Fakt ist: es gibt kein System, dass den Menschen oder seine komplette Umwelt abbilden kann. Der Wert der meisten Wissenschaften liegt ja gerade darin, ein komplexes System in ein einfacheres, nachvollziehbares abbild unter bestimmten Rand- und Nebenbedingungen zu packen.

Dementsprechend gibt es auch kein Rollenspiel, das wirklich realistisch etwas wiedergibt. allein wir können die Ergebnisse der Rollenspielumsetzung mit den Erfahrungen unserer eigenen Umwelt vergleichen.

Aber z.B. beim thema Kampf: haben wir hier wirklich eigene erfahrungen? Nein! Selbst LARper mußten sich wohl nie unter Todesangst fürchten und wissen nicht, was sie für verrückte dinge tun würden, wenn sie in eine Extremsituation geraten. In wilder, blanker Panik fliehen? In des Gegners Schwert ungeschützt reingreifen? etc.

Insofern ist das Thema  Realismus doch immer ein, ähh, interessantes.

Für mich muss es in jedem Fall verständlich, nachvollziehbar und einfach im sinne von schnell anwendbar sein. Schließlich heißt es Rollenspiel und nicht Würfelspiel und mal ehrlich, wenn der Meister 5 Orks auftauchen läßt, ist der ausgang des Kampfes eigentlich vorher klar, niemand läßt seine story an ner zufallsbegegnung verrecken. Wer es gerne anders mag: zum Glück gibt esTabletops...
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

Greifenklaue

Nehme ich mal was anderes: Stichwort "Stufensystem". Entwickeln wir uns denn Stufenweise??? Wohl kaum. Entwicklung ist ein kontinuierlicher Prozeß, beim Rollenspiel wird er nahezuimmer diskontinuierlich dargestellt? Ist das schlimm? nein, praktisch, da handhabbar! Und stört`s? Nö, ist weltklasse!
ZitatDie kritischsten Punke zum Realismus bildet in der Tat der Entwicklungsweg eines Charakters. Bei D&D kann es unrealistisch schnell gehen.
Bei DSA kann es genauso schnell gehen. ich kenn Gruppen, die ihre charaktere innerhalb von drei Spielabenden um drei Klassen erhöhen. aus eigener erfahrung weiß ich noch, wie ich bei fünf durchaus komplexen abenteuern auf Stufe 5 versauert bin...

@Schlösserproblem: Ich sag nur die geniale d20-Nimm 10 oder Nimm 20 regel. Sprich, hat der charakter genügend zeit und wird nivcht gestört, kann man sowas mit automatischen erfolgen handhaben. Und eben, wie astendar vorschlägt, auf die drei schweren Schlösser eingehen (Tresor). Oder zeitdruck. [Sorry, Astendar, seh gerad, du schreibst es ja auch gerade...]

Weiterhin wichtig dabei: hat der charakter die passenden werkzeuge??? Mit bloßen fingern gehen die wenigsten schlösser filigran auf...
"In den letzten zehn Jahren hat sich unser Territorium halbiert, mehr als zwanzig Siedlungen sind der Verderbnis anheim gefallen, doch nun steht eine neue Generation Grenzer vor mir. Diesmal schlagen wir zurück und holen uns wieder, was unseres ist.
Schwarzauge wird büssen."

McArden

ZitatEs sind nämlich diese extremen "Grenzwerte", an denen das Kult-System droht, auseinander zu brechen bzw. seine Glaubwürdigkeit einbüßt.
Das kann ich so nicht nachvollziehen. Versuch mal folgendes nachzustellen - Du wirst überrascht sein, das es durchaus zutrifft, daß Experten einen Wert von über 20 in EINER bestimmten Fähigkeit besitzen:

Ein Scharfschütze trifft (lt. Erzählungen eines solchen) auf 600m einen mit Helium gefüllten Gasballon, der frei aufsteigt mit einem Scharfschützengewehr. Und das 'ohne Probleme'. Legen wir fest:

Kernreichweite Druganov DSV mit Zielfernrohr: 500m

Reichweite: Malus -4
kleines Ziel: Malus -3
1 Runde zielen: +2
schnell bewegtes Ziel: Malus: Treffenchanche halbieren!

Wenn wir nun annehmen, treffen ohne Probleme heißt eine Erfolgsquote von 75% zu haben, bedeutet diese einen modifizierten Trefferwurf gegen 15 durchzuführen. Also 15*2-2+3+4 = 35 (!) unmodifizierter Fertigkeitswert.

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...where is the morning? Where is the sun? A thousand years of midnight - the sunrise is gone!

Torlogk

ja, wie McArden schreibt kommen eben solche aufschläge zustande, ein scharfschütze hat da schon so um die 40 bis 50. Braucht man sich nur die Zauberwerte (z.B. 70) anzusehen  um zu wissen das hier mit recht in "eiligen" Situationen hohe aufschläge zu erwarten sind.

Aber zu meinem Beispiel mit dem Hochhaus. Theoretisch müssten alle Türen die selbe Schlösserart haben, hier muß man sich schon einige Gedanken machen warum einige Türen mit hohen Aufschlägen zu belegen sind wenn der Charakter schon 20 (eigendlich) baugleiche Schlösser geöffnet hat (Natürl. nur zwei erwürfelt) und dann kommt noch dazu das ein anfänger Char z.B. nur Fertigkeit 10 hat und ein weiterer in der Gruppe (einbrecher) 35. beide versuchen es, der Profi mit Malus 20 zuerst; Patzt; der anfänger mit einer 2 leider auch nicht.

Was ich eigendlich meine ist das ein Charakterin sagen wir mal "Stufe 1" oder mit dem Wert 10 eine Tür nicht aufbekommt wenn er aber 3 Jahre gespielt hat Wert 25 und in der Zeit zurück reist zu der selben Tür mit dem selben beweggrund öffnen will bekommt er vom Master meistens einen seiner Erfahrung  "angepassten" Malus obwohl das schloss nicht verändert worden ist nur weil es halt schwer zu öffnen sein soll......

OK hört sich warsch. etwas verwirrend an .... ich hoffe ihr könnt mir folgen....  [19]
Wer glaubt etwas zu sein, hört auf etwas zu werden....

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